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Trainiert die Meister: Im Gespräch mit Asis Khadjeh-Nouri.

Text: Kerstin Lange       Fotos: Zur Verfügung gestellt von Asis Khadjeh-Nouri / Bearbeitung: Helmut Römhild

Er ist schon fast auf dem Weg nach Wien, um bei den IDSF Austrian Open Championships seine Paare zu betreuen, als wir telefonieren — 

und morgen, wie so oft, bringt ihn wieder einmal ein Flugzeug an den Arbeitsplatz. Denn sein Tanzparkett hat in etwa die Größe Europas und reicht noch ein Stück darüber hinaus: Asis Khadjeh-Nouri trainiert Roman Mayer und Sirek Siilak, die Landesmeister aus Österreich, ebenso wie Spitzensportler aus der Slowakei, aus Moldawien, Polen und Spanien.

 






Asis Khadjeh-Nouri

Elfmal Deutscher Meister, dreimal Vizeweltmeister und einmal Europameister. Seit 1996 Bundesjugend- trainer und Koordinator der Jugendarbeit für den Deutschen Tanzsport- verband. Mitglied im Bundestrainerteam.


Bei ihm lernen Sami Vainionpää und Merje Styf aus Finnland, Dmitri Zharkov und Olga Koulikova aus Rußland, Csaba László und Anna Mikes aus Ungarn, Volodymyr Liatov und Veronika Myshko aus der Ukraine.
Er ist der Coach der deutschen Vizemeister Sabine und Tassilo Lax, und von Sabine Jacob und Thorsten Strauß aus Lübeck, Drittplazierte auf der Deutschen Meisterschaft Senioren I S.

Einige werden extra nach Wien reisen, um ihn dort zu treffen und zusammen mit ihm an ihrer Karriere zu feilen.

Aber auch ein Coach wie Asis Khadjeh-Nouri muß doch irgendwo zu Hause sein, oder?

Natürlich — und es genügt ein kurzer ein Blick zurück, um seine Heimat genauer kennenzulernen.

Asis Khadjeh-Nouri wurde 1964 in Hamburg geboren, er wuchs im Hamburger Stadtteil Fuhlsbüttel auf.
Und mit der Nüchternheit des Hamburgers traf er schon früh seine sportlichen Entscheidungen:
“Vor dem Wettbewerbs-Tanzen war ich Jugendschachmeister."
Asis Khadjeh-Nouri lacht.
“Ich empfand es als Sackgasse, vor allem, was das Kennenlernen von jungen Damen betraf...”

 


Und der Anfang als Tänzer? Zunächst eher unspektakulär:

Seine Schwester fing an, im TUS Alstertal zu tanzen. Danach begann auch er, sich fürs Tanzen zu interessieren.

“Mit dreizehn ging auch ich zum TUS Alstertal. Es machte immer mehr Spaß und 1981 fing ich an, mich zusammen mit meiner Schwester von der B-Klasse bis zur S vorzuarbeiten.
Meine Eltern hatten mit dem Tanzen gar nichts im Sinn. Wir Kinder schlugen etwas aus der Art: Auch mein Bruder wurde Tänzer und machte seinen Weg. Mittlerweile gehören ihm vier Tanzschulen.
Meine Schwester mußte aufgeben, die gesundheitliche Belastung wurde zu groß. Danach fing ich an, mit Andrea (Kiefer) zu tanzen, sehr erfolgreich übrigens.
Die Entscheidung, 1992 Profi zu werden, war nicht zuletzt eine finanzielle. Uns wurden Angebote für Schautänze und Auftritte gemacht, die wir einfach nicht abschlagen konnten.”

Der sächsische Landesverband wurde auf ihn aufmerksam

und bot ihm an, Landestrainer in Sachsen zu werden. 1996 dann der große Schritt: Der DTV ernannte ihn zum Bundesjugendtrainer.
“Es fiel mir schwer, meine Karriere als Tänzer zu beenden. Doch mit meiner damaligen Partnerin lief es nicht so gut und der Ruf zum Bundesjugend- trainer gefiel mir sehr. Ich sah es als Herausforderung an, jungen Tänzern etwas nahezubringen, ihnen zu helfen.”

Es sind natürlich die Trainer,

die einen Tänzer am meisten prägen.
“Meine ersten Trainer waren Winnie und Uschi Bruske. Mein am meisten geliebter Trainer war John Little.

Nach John Little habe ich bei Peter Beinhauer und Werner Führer trainiert und beim damaligen Bundestrainer Wolfgang Opitz.
Meine internationalen Trainer hießen Bill und Bobbie Irvine, Anthony Hurley und Benny Tolmeyer.”
Und noch etwas Anderes ist in Erinnerung geblieben:
“Ich war 1990 der erste Deutsche Meister mit einem ausländischen Namen. Das gab tatsächlich Probleme. Und wäre die politische Entwicklung im Osten damals schon weiter voran gewesen, hätte ich am liebsten dort angefangen zu arbeiten.”

Asis Khadjeh-Nouri übt sein Amt in Deutschland mit Engagement und Begeisterung aus. Er ist auch oft im Ausland, sehr viel in Moskau.

“Fünfzehn der besten Paare der Weltrangliste sind Russen.

Mir gefällt in Rußland die Einstellung der jungen Leute zum Training und zum Trainer.
Es wird mit Respekt an den Trainer herangetreten, er wird ernst genommen.
Es ist ein Privileg, tanzen zu dürfen. Es ist Teil einer guten Erziehung, gehört zur Bildung und Kultur.”

Das Tanzen in Deutschland

ist geprägt durch die Vereine. Und Die Vereinslandschaft hat natürlich Vorteile für die Paare: Es gibt finanzielle Zuschüsse, Betreuung durch den Verbandsarzt, Förderung über die Bundeskader.

Anders zum Beispiel in Italien: dort entsteht eine Karriere durch die eigene Initiative, mit dem eigenem Geld.
Dort, wo der Tänzer allein und nur durch eigene Mittel vorankommen muß, ist der ’Biss‘ einfach anders.

Genau darum geht es ihm, dem Trainer der Meister: um den ’Biss‘.

“Ganz wichtig ist es, die Grundvoraussetzung für Leistungssport klarzumachen:

Eigeninitiative, Fleiß, Disziplin und Respekt. Respekt sich selbst, dem Trainer, dem Partner gegenüber.”

Und was ist seine ganz persönliche Handschrift?

“Ehrlichkeit. Wer das nicht verträgt, scheidet bei mir aus. Ich trainiere ganz individuell nach Möglichkeiten und Fähigkeiten des einzelnen. Daher auch mein Rat an die, die aufsteigen wollen: Mund zu, Ohren auf!”

Denn das Tanzen ist nicht einfacher geworden. Natürlich stehen bessere Möglichkeiten bereit:
“Training heute ist ganz anders als zu meiner Zeit. Die Sportwissenschaft ist viel weiter entwickelt und jedem zugänglich. Wir wissen um das Aufwärmen, Dehnen, Wiederholungen im angemessenen Rhythmus, um die Ernährungsfragen. Es gibt Berater und Ärzte.”

Doch das, was den Tänzer erwartet, hat eine neue Dimension:

“Wer eine Karriere im Tanzsport anstrebt, muß unbedingt über den Tellerrand schauen. International, ja global ist heute das Parkett.”

Und die Sprache der Tänzer ist Englisch. Alle Kontakte, das Training mit internationalen Paaren, Schulungen wie der IDSF Wertungsrichter Congress: Ohne Englisch geht nichts mehr.

Der Profi von heute ist vielseitig,

muß es sein, und Asis Khadjeh-Nouri ist selbst das beste Beispiel: In der Sat 1 Show ’You Can Dance‘ stand er im Rampenlicht als Wertungs- richter.
“Das hat mir Spaß gemacht. Tanzen ist in den Medien in Deutschland unterrepräsentiert, was sehr ist schade ist.”

Doch auch auf andere Weise sind Menschen zu erreichen:
“Neben meiner Trainertätigkeit habe ich vier Jahren lang die Saxonian Dance Days in Leipzig veranstaltet und dieses Jahr den Saxonian Ten Dance Cup, mit drei Turnieren in Dresden, Zwickau und Chemnitz.”
Und einmal im Jahr findet in Wuppertal sein DTV Trainingscamp statt, 110 Paare kamen in diesem Jahr, um von ihm und den Co-Betreuern etwas über den ’Biss‘ zu lernen, 150 Paare werden in 2009 erwartet.

Die Zeit drängt, noch eine allerletzte Frage — 

und eine allerletzte Antwort:
“Ja, selten habe ich auch mal etwas Freizeit, aber wo ich dann bin und was ich dann mache, bleibt mein Geheimnis...”

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Aktualisiert: 19.02.2009