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Bodenhaftung: Vom sicheren Auftritt.
Text: Kerstin Lange Fotos: Helmut Römhild
Die Balance zwischen Gleiten und Haften wird mit Wachs individuell eingestellt.
Durch die Chromgerbung ist die Sohle nicht wasserdicht: Auch Anfeuchten reduziert die Gleitfähigkeit.
Der Schuh des Tänzers sitzt eng am Fuß, als wäre er eine Socke.
Das Material folgt den Fußbewegungen, dehnt und verwindet sich.
In der Regel ist das Obermaterial aus Leder, ebenso das Futter.
Immer mehr breitet sich auch Kunststoff aus.
Moderne Werkstoffe ermöglichen extrem luftdurchlässige Konstruktionen (‘Mesh’).
Damenschuhe aus Satin sind verbreitet:
Sie haben in der Regel die Farbe des Kleides, werden entsprechend eingefärbt,
wenn diese Farbe nicht von der Fabrik geliefert werden kann.
Über den Fuß, also über den Schuh, wird das Tanzen kontrolliert.
Stand und Fortbewegung hängen von einer kleinen Fläche ab, bei Damen kaum größer als eine Postkarte.
Sie ist extrem biegsam, traditionell aus dünnem Veloursleder oder bei neueren Schuhkonstruktionen aus Kunststoff.
Die Ledersohle ist so dünn, daß ein Vernähen nicht möglich ist.
Sohlen werden geklebt bzw unter Hochdruck mit dem Schuh verschweißt.
Die Rauhledersohle haftet zunächst, wird jedoch durch Belastung glatter und gleitet immer stärker.
Aufrauhen mit einer Drahtbürste macht die Sohle wieder stumpf.
Ornamente aus Swarowski-Steinchen oder andere Applikationen gehören zum Erscheinungsbild.
Standardtänzer der höheren Klassen treten in Frack und Ballkleid an.
Zum Frack des Herren gehört zwingend der schwarze Lackschuh.
Er ist zu schwer und vor allem zu starr.
Die Sohle ist zu dick, um der Fußbewegung zu folgen.
Eine Ledersohle ist zu glatt, selbst in Herrenschuhen besteht die Gefahr, zu stürzen.
Eine gummierte Sohle gleitet nicht, Drehungen sind nur – wenn überhaupt – mit Kraftaufwand möglich, hierbei werden die Knie geschädigt.
Tanzschuhhaus, Talstraße 17, St.Pauli, Hamburg.
Kiez und Diamant: Talstraße 17.
Die S-Bahn fährt hier unter der Erde, die Haltestelle ist ein gekachelter Tunnel,
Neonlicht statt Sonne, Ansage: ‘Ausstieg links’. Aha.
Auf dem Bahnsteig ist einiges los, die Damen und Herren in den blauen Kampfanzügen sind von der
Hamburger Bereitschaftspolizei und verhindern wieder mal irgendwelchen Ärger.
“Talstrasse, das ist da hinten raus,” sagt die nette junge Frau,
sie trägt Körperpanzer, ein Schlagstock steckt in ihrem Stiefelschaft.
Treppen führen nach oben, an’s Tageslicht, in’s Herz des Kiez, auf die Reeperbahn.
Automaten-Casino, Schnellimbiß, dann einmal um die Ecke, vorbei an St. Pauli Hotel,
Freedom Bar, vorbei an der Heilsarmee, An- und Verkauf - stop: fast schon vorbeigelaufen, durch die Glastür, es klingelt: Kundschaft.
Und das ist es also, das ‘Tanzschuhaus’, Talstrasse 17,
der ehemalige Schusterladen von W.O.Julius, dann der Koopmannsche Diamant-Schuh ‘Stützpunkt’ in Hamburg,
seit 2005 das Geschäft von Ingo Dick.
In dem schmalen Laden stecken mehrere tausend Paar Schuhe, von jedem Modell jede Grösse.
Zeller, Diamant, Kern: Wie eine Tapete bedecken Schuhkartons die Wände, nach hinten raus, in’s Lager, geht’s weiter.
Die beiden jungen Damen, die etwas für den Abtanzball suchen, sind ein wenig aufgeregt,
haben ein bißchen was von Cinderella vor dem großen Ball, die dann ja auch mit entsprechender Fußbekleidung
ihren Prinzen kennenlernte, beim Tanzen.
Und hier gibt es nun wirklich alles, was die Dame so braucht für ihren Auftritt auf dem Parkett:
Velourssandaletten, gefühlte Absatzhöhe etwa 20 cm, schillernde Standardpumps aus Seide, nachtschwarze Tangoschuhe.
Beraten wird professionell und gradlinig, auch den beiden jungen Damen wird genau erklärt, wo’s langgeht:
Anfängerin und acht cm Absätze? Vergiß’ es, Mädchen – nicht zu beherrschen, macht keinen Spaß,
und: Verletzungsgefahr.
Der Weg vom Parkett in’s Krankenhaus ist manchmal erschreckend kurz, zuerst kommt das Tanzen, dann das gute Aussehen –
nur so ’rum macht es Sinn. Alles klar?
Auch für die Herren ist gesorgt, üblicherweise schlicht, nur die Tangotänzer halten mit den Damen mit: Klassisch rot oder zweifarbig.
Und dann die neuen Sachen: Sneaker mit geteilter Sohle.
Die Mode? Ändert sich eigentlich nicht so häufig. Klar, Pfennigabsätze sind verschwunden,
dafür haben wir nun zum Beispiel den Flamencoabsatz in allen möglichen Varianten.
Ach ja: Für Turniere wird bei den Damen ja gern der Stoffpumps genommen und passend zum Kleid eingefärbt.
Auch das macht Ingo Dick mit seiner Crew, kein Thema, Stoffmuster vom Kleid bitte mitbringen.
Obwohl man bei starkem Training fünf bis sechs Paar Schuhe pro Jahr verschleißen kann, ist der Tanzschuh keine Massenware.
Daher ist der Tanzsport auch für Sponsoren aus der Schuhbranche uninteressant, macht überhaupt das Geschäft nicht einfacher.
Ingo Dick würde gern vergrößern, den Laden nebenan übernehmen, aber das kostet, allein die Renovierung. Na ja, mal sehen.
Tanzschuhhaus, Talstraße 17, St.Pauli, Hamburg.
Ich gehe nicht mit leeren Händen, das liegt dann wohl doch daran, daß man hier weiß, wo’s langgeht:
Zwei Schuhkartons habe ich in der Tüte, ein Paar Trainer und ein Paar neue Sandaletten, Absätze nicht so hoch natürlich,
viel Spaß damit.
Werde ich haben, mit Sicherheit, Vergnügen hat allein schon der Einkauf gemacht, hier, in der Talstraße.
Der Kiez leuchtet mittlerweile, auch Dollhouse & Co schillern in Neonfarben, was ihnen besser bekommt als das Tageslicht.
Dann wieder abwärts, in die Unterwelt der S-Bahn, die Polizisten sind weg, offenbar nach Hause gegangen – gab wohl doch keinen Ärger.
Training: Viele Stunden Arbeit - auch für die Füße.
Neues bringt zunächst Unsicherheit, erfordert Kontrolle.
Trainingsschuhe unterstützen den Fuß bei der Arbeit, der vor allem durch Wiederholungen belastet wird.
Sie geben den Damen hohe Standsicherheit durch flache, breitere Absätze und entlasten den Fuß, indem sie ihn voll umschließen .
Für optimalen Feuchtigkeitstransport werden Trainer häfig aus durchbrochenem Material gefertigt.
Auch der Herren-Trainingsschuh ist hoch geschlossen.
Herrenschuhe mit extrem beweglicher Sohle breiten sich aus,
echte Allrounder, die auch für das Latein-Tanzen geeignet sind, da sie die Latein-typischen Fußstellungen
zulassen.
Standardtänze: Schnelligkeit, Eleganz und Überstunden für die Füße.
Die schmalen Absätze verkleinern die Standfläche. Zusammen mit der Absatzhöhe zwischen fünfeinhalb bis über sieben Zentimetern fordert das Tanzen in diesen Schuhen schon einges von den Füßen.
Die sogenannte Gelenkfeder, ein starres Stück in der Sohle zwischen Absatz und Vordersohle, ist bei diesen Schuhen relativ lang, die Sohle deshalb
weniger biegsam.
Auch die Sohlen der Herrenschuhe sind ähnlich konstruiert. Der Absatz des Herrenschuhs ist bis zu zweieinhalb Zentimeter hoch, der Schnitt entspricht dem
des klassischen Halbschuhs.
Die Farbe ist schwarz.
Typisch für die Turniere ist der Lackschuh. Auf Hochglanz poliert gehört er zum Frack des Herren.
Rumba, ChaCha, Samba und Pasodoble: Der Angriff auf die Füße.
Sie sehen genauso toll aus, sind ebenso schwer zu beherrschen. Absatzhöhen von bis zu neun Zentimetern machen Lateintanzen zur Hochleistung.
Nur Könnerinnen beherrschen ihren Sport auch in solchen Schuhen: Getanzt wird nur noch auf dem Vorderfuß
Auch die Herrenschuhe haben ungewohnt hohe Absätze, bis zu viereinhalb Zentimtern. Wie bei den Damen sollen sie auch beim Herren die Hüftbewegungen unterstützen.
Die Sohlen der Lateinschuhe sind sehr biegsam, denn die Gelenkfeder, das starre Sohlenstück zwischen Absatz und Vordersohle, ist verkürzt.
Erst diese Konstruktion ermöglicht es, die typischen Fußstellungen der Lateintänzer perfekt auszuführen.
Tango: Irgendwie eine Sache für sich...
Der mindestens vorn geschlossene Damenschuh entspricht dem Schuh der Standardtänzerin. Der Absatz ist eher flach.
Auch der schwarze Schuh ist bei den Tangotänzerinnen verbreitet, kann, ähnlich wie ein Trainingsschuh, den ganzen Fuß umschließen.
Auch die Herrenschuhe werden in Rot herstellt, auch mehrfarbige Modelle werden angeboten. In der Regel jedoch wird der Tango im gleichen Herrenschuh getanzt
wie Walzer, Quickstep und Slowfox.
Der Turnschuh für die Tanzfläche: HipHop, BreakDance und Co.
So etwas zum Abhängen, zur Not auch gut für ein schnelles Basketballspiel.
Tatsächlich aber ist der Sneaker ein Spezialtanzschuh und hat sich längst einen festen Platz auf der Tanzfäche erober.
Aus ultraleichtem Gewebe gebaut, transportiert er die Feuchtigkeit problemlos nach außen.
Er ist flexibel,
die dicken Sohlen aus Kunststoff gleiten und ermöglichen problemlos Drehungen.
Die Besonderheit: Eine geteilte Sohle, zwischen Absatz und Vordersohle ist nur Gewebe. Dadurch kann der Fuß, wenn
nötig;, gestreckt werden.
©: Ballroom Website, 2009
Aktualisiert: 02.02.2009