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Physik im Standard-Tanzen: Gleichgewicht und Stabilität, Teil 2.

Text: Kerstin Lange       Fotos und Grafik: Helmut Römhild

 


Zu tanzen heißt, richtig stehen zu können.

Tanzen heißt, sich zu bewegen.
Aber zu tanzen heißt auch, richtig stehen zu können: Gleichgewicht und Stabilität sind entscheidend für den Tänzer.

Um zu verstehen, was passiert, wenn der Tänzer im Gleichgewicht ist und was Stabilität bedeutet, sollte man nicht vergessen, daß Tanzen auf der Oberfläche des Planeten Erde geschieht.

Die Schwerkraft zieht den Körper zum Boden, der Boden bzw. das Parkett des Tänzers antwortet mit Gegendruck und bietet so feste Grundlage und Reibung.
Die Muskeln des Tänzers arbeiten gegen Schwerkraft und Reibung und bewegen den Körper auf diese Weise. Kräfte außerhalb des Körpers (zum Beispiel der Partner) kommen hinzu und bilden die Summe der Kräfte und Gegenkräfte, von Zug und Druck.

Gleichgewicht wird erreicht, wenn der Schwerpunkt und die unterstützende Fläche senkrecht übereinander ausgerichtet sind.
Stabilität in der Bewegung heißt, den Schwerpunkt über einer Unterstützungsfläche zu halten, die ständig ihre Lage verändert.

 


Stabil zu sein heißt, alle Körperteile in eine günstige Körperform zu bringen.

Der Körper besteht aus vielen Teilen und Ausrichten heißt, diese Teile in eine günstige Körperform zu bringen.
Die Körperform hat vor allem diesen Zweck: den Schwerpunkt über die Unterstützungsfläche zu bringen und dort zu halten.
Starre und Beweglichkeit müssen sich ergänzen bei der Kontrolle der Haltung.

Zu wissen, wo sich jeweils gerade der Schwerpunkt befindet im Verhältnis zur Unterstützungsfläche, ist eine Grundfähigkeit des Tänzers.

Es bedeutet fähig zu sein, die Körperlage zu fühlen, also die Informationen der Muskeln und Gelenke zu verstehen und entsprechend zu reagieren.

Ein Menschen, der aufrecht auf beiden Füßen steht, hat den Schwerpunkt etwa im unteren Bauch – bei einem Mann etwas höher als bei einer Frau.

Standing

 


Physik im Tanzsport.

Die Biomechanik des Standardtanzens verbindet die physikalischen und anatomischen Dimensionen von Ruhe und Bewegung.

In der Artikleserie ‘Physik im Standard-Tanzen’ werden Aspekte der Physik aufgezeigt, die dem Tanzsport zugrunde liegen.

Die Grundlagen der Physik, die in diesem Beitrag erörtert werden, stammen aus folgenden Veröffentlichungen:

Prof. Dr. George D. Gollin, The Physics of Dance, University of Illinois, 2001.
Prof. Dr. Kenneth Laws, Physics and the Art of Dance, Oxford University Press, 2002.

 


Im Gleichgewicht bleiben – auch, wenn der Schwerpunkt den Körper verläßt!

Center of gravity outside body

Um einen Schritt vorwärts zu machen muß der Tänzer ein Bein ausstrecken.
Dabei aber verändert der Körper stark seine Form und der Schwerpunkt verschiebt sich aus dem Körper hinaus. Dies geschieht zu einem Zeitpunkt, an dem das Unterstützungsfläche sehr klein ist: Der Tänzer steht auf einem Fuß.
In dieser Haltung fällt der Körper unweigerlich nach vorn.

Um diesen Verlust an Stabilität auszugleichen, senkt der Tänzer seinen Körper nach unten.

Ein Absenken des Körpers bedeutet, den Schwerpunkt abzusenken.
Ein Absenken des Schwerpunkts erhöht die Stabilität.

 


Ein tiefer Schwerpunkt erhöht die Stabilität: Das Prinzip.

Low Center of Gravity

Ein tiefer Schwerpunkt macht es leichter, die Körperhaltung zu korrigieren.

Der Körper, beweglich aber dennoch starr, wirkt wie eine aufgerichtete Stange, die sehr kleine Unterstützungsfläche (der Fuss des Tänzers) wie ein Drehpunkt.

Kippt die Stange bzw. der Körper um den Drehpunkt, ist ein hoher Schwerpunkt schon weit vom Unterstützungsfläche entfernt, während sich ein tiefer Schwerpunkt noch dicht an der Unterstützungsfläche befindet.
Es ist dadurch viel leichter, die Lage des tiefen Schwerpunkts zu korrigieren.

 



Einge zusätzliche Hilfen um die Verschiebung des Schwerpunkts auszugleichen:

•  den Schwerpunkt senkrecht über die Unterstützungfläche ausrichten,

•  Verlagerung des Schwerpunkts nach hinten zur Ferse des Standfusses,

•  Verdrehen der Hüfte in Gegenrichtung zum Schritt. Die Hüftverdrehung bringt einen beachtlichen Teil des Körpers weiter nach hinten, verkürzt gleichzeitig den Teil des ausgestreckten Beins vor dem Standfuß und gleicht so das Beingewicht deutlich aus.

Low and Stable

 


Instabilität ist die Voraussetzung dafür, daß der Mensch sich überhaupt bewegen kann.

Ohne Gegenmaßnahmen fällt der Körper einfach nach vorn und plötzlich bemerkt der Tänzer, daß Stabilität nicht von Dauer ist, sondern immer kurz davor, zusammenzufallen.

Dies aber ist kein Zufall; denn Instabilität ist die Voraussetzung dafür, daß der Mensch sich überhaupt optimal bewegen kann.

Ein Beins auszustrecken ist im übrigen eine der wirkungsvollsten Methoden, den Körper in Bewegung zu versetzen.
Ein Bein vor- oder zurückzuschwingen bringt zusätzlich Zentrifugalkraft ins Spiel: Sie zieht den Körper in die entsprechende Richtung.
Balletttänzer nutzen diesen Effekt, um besonders kraftvolle Figuren einzuleiten.

 
 

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Aktualisiert: 03.05.2010